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zeitlich befristeter Mietvertragt mit 5-jähriger Verlängerungsklausel für Alt-Mietverträge zulässig; §§ 307, 556a a.F. BGB Art. 229 3 Abs. 3 EGBG
BGH Karlsruhe, AZ: VIII ZR 230/09, 23.06.2010
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Das bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes (1. September 2001) geltende Wohnraummietrecht eröffnete Mietvertragsparteien in § 565a Abs. 1 BGB a.F. die Möglichkeit, einen zeitlich befristeten Mietvertrag abzuschließen und eine Verlängerung des Mietverhältnisses bei unterbleibender Kündigung vorzusehen.

Auch wenn das seit 1. September 2001 geltende neue Mietrecht keine entsprechende Regelung mehr vorsieht, berührt dies den Bestand befristeter Mietverträge mit Verlängerungsklauseln nicht, sofern sie vor dem 1. September 2001 wirksam abgeschlossen worden sind.

Die von den Mietparteien vereinbarte befristete Verlängerung des Mietverhältnisses und der damit verbundene Ausschluss der Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung (§ 564 Abs. 1 BGB a.F.) ist wirksam.

Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB hat sich wegen der Besonderheiten der gewählten Vertragskonstruktion vielmehr ausschließlich am Maßstab des § 565a Abs. 1 BGB aF auszurichten. § 565a BGB aF soll lediglich sicherstellen, dass die für den Fall der Vertragsbeendigung zum Schutz des Mieters bestehenden Vorschriften nicht durch vertragliche Beendigungsvereinbarungen umgangen werden (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 7. Aufl. § 565a BGB Rdnr. 1). Sie soll dagegen den Mieter nicht vor einer längeren Bindung an den Vertrag schützen.

Eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt ebenfalls nicht vor. Der mit der wiederkehrenden Befristung des Mietverhältnisses verbundene vorübergehende beiderseitige Kündigungsausschluss schränkt keine grundlegenden Rechte der Mieter ein.

Insbesondere gebietet der Schutzzweck des § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB aF keine Beschränkung der Dauer der befristeten Verlängerung, da der Gesetzgeber in § 565a Abs. 1 BGB aF den bei einem befristeten Mietvertrag mit Verlängerungsklausel verbundenen vorübergehenden Ausschluss des Kündigungsrechts gebilligt und Zeitmietverträge - von den in § 564c Abs. 2 BGB aF genannten Ausnahmen abgesehen - keinen zeitlichen Beschränkungen (vgl. § 564 Abs. 1 BGB aF) unterworfen hat.

Der in der heutigen modernen Gesellschaft zunehmend verlangten Mobilität und Flexibilität des Mieters an einer kurzfristigen Aufgabe der Wohnung, insbesondere beim Wechsel des Arbeitsplatzes oder bei einer gesundheitsbedingten Übersiedlung in ein Alters- oder Pflegeheim durch Verkürzung der Kündigungsfristen Rechnung zu tragenhat den Senat veranlasst, einen unter der Geltung des neuen Mietrechts formularmäßig vereinbarten beiderseitigen Kündigungsverzicht auf die - in § 557a Abs. 3 BGB (früher § 10 Abs. 2 MHG) zum Ausdruck gekommene - Höchstdauer von vier Jahren zu begrenzen.

Der Gesetzgeber hat nicht nur im Rahmen der Mietrechtsreform, sondern davor in sogar weitaus größerem Maße ein praktisches Bedürfnis für den Abschluss befristeter Mietverträge (Zeitmietverträge) anerkannt. Einem Mieter ist daran gelegen, während der Vertragslaufzeit keiner ordentlichen Kündigung ausgesetzt zu werden, während ein Vermieter Planungssicherheit erstrebt (vgl. BT-Drs. 14/4553, S. 39, 70).

Nach dem bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes geltenden Recht konnte diesem Anliegen auf unterschiedliche Weise Rechnung getragen werden. Neben dem Abschluss eines befristeten Mietvertrags mit befristeten Verlängerungen (§ 565a Abs. 1 BGB aF) gab es die Möglichkeit, einen Zeitmietvertrag mit gesetzlichem Verlängerungsanspruch einzugehen (§ 564c Abs. 1 BGB aF) oder einen auf fünf Jahre begrenzten, nicht verlängerungsfähigen "qualifizierten" Zeitmietvertrag nach § 564c Abs. 2 BGB aF abzuschließen. Nunmehr haben die Vertragsparteien nur noch die Wahl zwischen der ihnen in § 575 BGB nF in Anlehnung an die frühere Regelung des § 564c Abs. 2 BGB aF verliehenen Befugnis, unter bestimmten Vorrausetzungen einen - allerdings nicht mehr wie bisher auf fünf Jahre begrenzten, sondern keinen zeitlichen Einschränkungen unterliegenden - "echten" Zeitmietvertrag.
Die Entscheidung des BGH ist angesichts der vom BGH (u.a. VIII ZR 86/10) vorgenommenen Begrenzung eines mietvertraglichen Kündigungsausschlusses unter Anlehnung an § 557a BGB nicht ganz nachvollziehbar. Warum ein formularmäßig vereinbarter Kündigungsverzicht über mehr als vier Jahre unzulässige sein soll, eine Befristung von Mietverträgen auf fünf Jahre mit einer Verlängerungsoption von weiteren fünf Jahren dagegen zulässig, ist auch unter dem Hinweis auf die Beschränkung dieser Rechtsprechung auf Alt-Mietverträge inkonsequent. Für den Mieter macht es keinen Unterschied, ob er aufgrund eines Kündigungsausschlusses über 5 Jahre oder einer fünfjährigen Verlängerungsklausel an die Mietwohnug gebunden ist. Erstere Klausel wäre nach der Rechtspechung des BGH unwirksam, letztere wirksam, obwohl sich die Verlängerungsklausel alle fünf Jahre prolongiert. Nach Ablauf von fünf Jahren muss der Mieter überlegen, ob er seine Wohnung kündigt, oder für weitere 5 Jahre vertraglich gebunden sein will.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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