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Zu den Grenzen des dem Ehrschutz entzogenen Freiraums beleidigender Äußerungen im engsten Freundes- und Familienkreis; §§ 823, 1004 BGB
LG Essen, AZ: 15 S 149/13, 06.08.2013
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Dass allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Klägers wird verletzt, wenn ehrverletzende Äußerungen einer Beklagten nicht nur im vertrauten Gespräch mit der mit einer engen Freundin, sondern auch in Gegenwart von deren Ehemann und deren 22-jährigen Sohn unmittelbar nach dem streitigen Vorfall diesen dahingehend geschildert werden, dass der Kläger sie ihn Treppe hinuntergeworfen und sie bedroht habe, sie im Keller beim nächsten Treffen zusammenzuschlagen.

Die Rechtsverletzung erfolgte widerrechtlich. Insbesondere war die Beklagte nicht
dadurch gerechtfertigt, dass sie darauf vertrauen durfte, dass ihre im privaten Raum noch unter dem Eindruck der kurz davor statt gefundenen Auseinandersetzung mit dem Kläger geäußerte, für diesen ehrenrührige Schilderung seines behaupteten Verhaltens nicht nach außen dringen würde. Das schutzwürdige Interesse des Betroffenen, der sich mit einer Unterlassungsklage auch gegen ehrverletzende Äußerungen, die nur im kleinen Kreis gemacht worden sind, wehrt, ist nicht geringer, als wenn es um Äußerungen gegenüber einer breiten Öffentlichkeit geht. Im Einzelfall können Beschuldigungen „unter vier Augen" - wie beispielsweise hier gegenüber einer Miteigentümerin mi von den jeweiligen Wohnungseigentümern und damit auch dem Betroffenen selbst bewohnten Haus - nachhaltiger beeinträchtigen, als öffentliche Kritik (vgl. dazu BGH NJW-RR 2008,1316 unter Verweis auf sein Urteil vom 20.12.1983 - VI ZR 94/82).

Äußerungen im Freundeskreis sind dem Ehrenschutz grundsätzlich nicht ohne Weiteres entzogen, insbesondere dann nicht, wenn nicht nach der Art der bestehenden persönlichen Beziehung ein Bedürfnis, sich über den „Beleidigten" frei auszusprechen, gerechtfertigt erscheint und die Vertraulichkeit im gleichen Maß garantiert ist wie beispielsweise bei Eheleuten (OLG Koblenz NJW-RR 1989, 1195).


Die für einen Unterlassungsanspruch regelmäßig erforderliche Wiederholungsgefahr wird in dem Fall, in dem der Eingriff in das betreffende Recht schon stattgefunden hat, widerlegbar vermutet (Palandt/Sprau Einf.v. § 823 BGB Rdnr. 20).
Die Entscheidung des LG Essen weist zutreffend in Anlehnung an OLG Koblenz NJW-RR 1989, 1195 darauf hin, dass auch im engen privaten Bereich ehrverletzende Äußerungen nicht ohne Weiteres dem Ehrschutz entzogen sind, insbesondere, wenn zwischen dem Ehrverletzen eine eigene enge Verflechtung (hier: Wohnungseigentümer) besteht.

Die Kostenentscheidung des LG Essen ist allerdings recht eigenwillig und nicht nachvollziehbar. Wer eine Erklärung für die Kostenentscheidung hat, darf uns gerne kontaktieren.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von Rechtsanwalt Frank Dohrmann, Bottrop
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