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Zur Anfechtung eines Organisationsbeschlusses/ Wirkung eines Zweitbeschlusses/Zur Teilnahme eines Dritten an einer Eigentümerversammlung; §§ 23, 22, 14 Nr. 1 WEG
BayObLG München, AZ: 2 Z BR 125/96, 10.04.1997
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Stimmen die Wohnungseigentümer nur über die Anwesenheit eines Rechtsanwalts einer soeben begonnenen Versammlung ab, wird ein solcher "Geschäftsordnungsbeschluß" mit Beendigung der Eigentümerversammlung von selbst gegenstandslos.

Ist die darin getroffene Regelung rechtswidrig, so kann sie, wenn sich der Fehler entsprechend auswirkt, bei rechtzeitiger Anfechtung zur Ungültigkeit sonstiger in der Versammlung gefaßter Beschlüsse führen. Eine selbständige Anfechtung ist jedoch, da die Ungültigerklärung rechtlich wirkungslos bliebe, unzulässig (vgl. BayObLGZ 1995, 409).

Die Versammlungen der Wohnungseigentümer sind nicht öffentlich, so dass ein Wohnungseigentümer - wenn durch Teilungserklärung oder Vereinbarung nichts anderes bestimmt ist - dritte Personen (Berater) nur hinzuziehen darf, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat.

Beachtliche Gründe, aus denen sich ein vorrangiges Interesse an der Teilnahme sachkundiger Beratung an einer Eigentümerversammlung ergeben könnte, können etwa ein hohes Lebensalter oder das Unvermögen eines Eigentümers, seinen Standpunkt in der Versammlung angemessen zu vertreten oder besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Angelegenheit sein.

Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich berechtigt, über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen. Dabei spielt es keine Rolle, aus welchen Gründen sie eine erneute Beschlußfassung für angebracht halten.

Mit dem Zweitbeschluß wird der Erstbeschluß außer Kraft gesetzt. Wird der Zweitbeschluß für ungültig erklärt, entfällt die Aufhebung des Erstbeschlusses. Denn die Verbindung der Regelung – Aufhebung und ersetzende Entscheidung – in dem neuen Beschluß hat entsprechend § 139 BGB zur Folge, daß im Zweifel die Ungültigkeit eines Teils des Beschlusses dessen Gesamtnichtigkeit herbeiführt. Die Aufhebung des Erstbeschlusses bleibt nur dann bestehen, wenn sich feststellen läßt, daß sie auch bei Kenntnis der Ungültigkeit der ersetzenden Regelung beschlossen worden wäre.
Die Entscheidung des BayObLG zum mangelnden Rechtsschutzbedürfnis der Anfechtung eines Organisationsbeschlusses entspricht der h.M. ( a.A. lediglich OLG Düsseldorf, Az.: I-3 Wx 217/07).

Auch die Unzulässigkeit der Teilnahme einer dritten Person, insbesondere eines Rechtsanwaltes, an einer Eigentümerversammlung ist jahrelange rechtsprechung, auch wenn in enuerer Zeit vermehrt die Auffassung vertreten wird, ein Rechtsanwalt dürfe als Vertreter auf einer Eigentümerversammlung anwesend sein, wenn seine Mandantschaft selber dort nicht anwesend ist.

Die Entscheidung zur fehlenden Anfechtungsmöglichkeit des Zweitbeschlusses scheint auf dem ersten Blick nicht der herrschenden Rechtsprechung zu entsprechen, jedoch dürfte die vom BayObLG vorgenommene Auslegung des Zweitbeschlusses als Ausführungsbeschluss des Erstbeschlusses zutreffend sein.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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