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Keine Kostentragung des Wohnungseigentümers bei verweigerter Zustimmung zur baulichen Veränderung; §§ 14 Nr. 1, 16 Abs. 6 WEG
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 65/11, 11.11.2011
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1. Stimmt ein Wohnungseigentümer einer baulichen Maßnahme gemäß § 22 Abs. 1 WEG nicht zu, ist er gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG von den damit verbundenen Kosten befreit; es kommt nicht darauf an, ob seine Zustimmung gemäß § 22 Abs. 1 i. V. m. § 14 Nr. 1 WEG erforderlich war oder nicht.

2. Er kann die Kostenfreistellung auch nach Bestandskraft des Beschlusses über die Durchführung der baulichen Maßnahme verlangen, sofern der Beschluss die Kostenverteilung nicht abschließend regelt.
Der BGH hat eine vom LG München (Az.: 1 S 19089/10) vertretene Auffasung, wonach § 16 Abs. 6 WEG nur auf diejenigen Wohnungseigentümer Anwendung findet, die der Maßnahme nicht zustimmen mussten, endgültig eine Absage erteilt.

Demnach kommt es für die Kostentragung einer baulichen Veränderung nicht darauf an, ob ein Eigentümer dieser baulichen Maßnahme zustimmen musste, sondern nur darauf, ob er zugestimmt hat. Insbesondere ist die vom LG München vertretene Ansicht, wonach ein nicht angefochtener Beschluss zu einer baulichen Veränderung infolge der Bestandskraft des Beschlusses als Ersetzung einer Zustimmung des nicht zustimmenden Wohnungseigentümers zu werten sei, vom BGH zutreffend abgelehnt worden.

Diese Wertung entspricht auch dem Gesetzeswortlaut, denn aus § 14 Nr. 1 WEG lässt sich wohl keine Zustimmungspflicht herleiten, sondern allenfalls i.V.m. § 22 Abs. 1 S. 2 WEG eine Duldungspflicht. Warum diese Duldungspflicht bei Nichtanfechtung eines Beschlusses zur baulichen Veränderung in eine Kostentragungspflicht enden soll, wenn der betreffende Eigentümer nicht zugestimmt hat und der Beschluss auch keine Regelung über die Kostentragung enthält, konnte schon vom LG München nicht plausibel begründet werden.

Es ist abschließend zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass der nichtzustimmende Wohnungseigentümer gleichwohl einen Vorteil aus der baulichen Veränderung herleiten kann - etwa weil ein allen Wohnungseigentümern dienendes Gemeinschaftseigentum baulich verändert wird - der nicht zustimmende Wohnungseigentümer gleichwohl damit rechnen muss, aus bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten gem. §§ 812 ff BGB letztlich doch mit Kosten belastet zu werden, (vgl. OLG Hamm 15 W 300/01).

Will man dieses Ergebnis vermeiden, wird man auch künftig Beschlüsse zur baulichen Veränderung vorsorglich anfechten müssen, selbst wenn der Eigentümer gegen die bauliche Massnahme als solche nichts einzuwenden hat.

Sollte sich die bauliche Veränderung in den Grenzen des § 22 Abs. 1 S. 2 WEG bewegen und der anfechtende Wohnungseigentümer nicht beeinträchtigt sein, wird sich der Streit auf die Differenz der Zahlungen aufgrund der Kosten der beschlossenen Massnahme und den bereicherungsrechtlichen Ausgleichansprüchen zu beschränken haben.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von Rechtsanwalt Frank Dohrmann, Bottrop
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