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Abnahmepflicht aus dem Erwerbervertrag ist Individualanspruch und kann nicht durch Beschluss vergemeinschaftet werden; §§ 10 Abs. 6 Satz 3, 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG; 640 BGB
LG München I, AZ: 36 S 17586/15, 07.04.2016
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Die Wohnungseigentümergemeinschaft besitzt keine Beschlusskompetenz für die Vergemeinschaftung der Abnahmeverpflichtung aus § 640 BGB, die in Zusammenhang mit dem jeweiligen Erwerbervertrag resultiert.

Vielmehr kann jeder Erwerber seine individualvertragliche Abnahmepflicht selbstständig und unabhängig von der Mitwirkung der übrigen Erwerber erfüllen. Er überführt durch die Abnahme nur seinen eigenen Erwerbervertrag im Hinblick auf Mängelrechte vom allgemeinen Leistungsstörungsrecht ins Gewährleistungsrecht; dies berührt aber die Verträge der übrigen Erwerber in keinster Weise.

Auch als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft können dem Wohnungseigentümer diese Befugnisse gegen seinen Willen nicht ohne weiteres entzogen werden, so der BGH weiter. Zwar handelt es sich bei der Abnahmepflicht nach § 640 BGB rechtsdogmatisch nicht um ein Recht, sondern eine Pflicht, und steht hier auch nicht die Frage eines zwingenden Gemeinschaftsbezugs i. S. e. geborenen Ausübungsbefugnis im Raum, sondern allein die Möglichkeit einer gekorenen Ausübungsbefugnis, doch ist auch hier nach Ansicht der Kammer das grundsätzliche verfassungsrechtliche Gebot der Zurückhaltung bei Eingriffen in Privatautonomie und Eigentumsrecht nach Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 GG zu berücksichtigen.

Es ist zu berücksichtigen, dass die Abnahme untrennbar mit weiteren individualvertraglichen Rechten und Pflichten verknüpft ist, die ihrerseits nicht vergemeinschaftet werden können, namentlich das Recht auf Rücktritt und großen Schadensersatz sowie die Pflicht zur Werklohnzahlung.

Da Rücktritt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung auf Rückgängigmachung des jeweiligen Erwerbervertrags gerichtet sind, können diese Rechte von jedem Erwerber ohne Mitwirkung der anderen Miteigentümer geltend gemacht werden. Beide Ansprüche betreffen das Gemeinschaftsverhältnis und die anderen Erwerber nur insoweit, als der Bauträger an Stelle des Erwerbers in die Wohnungseigentümergemeinschaft wieder eintritt (vgl. Staudinger/Bub, WEG (2005), § 21 Rn. 274). Von ihrer Ausübung ist mithin das gemeinschaftliche Eigentum nicht betroffen (vgl. BGH, 10.05.1979 - VII ZR 30/78, Rn. 16). Dementsprechend hat der BGH bereits entschieden, dass der Erwerber die Rechte auf großen Schadensersatz oder Rücktritt selbstständig geltend machen kann (vgl. BGH, 12.04.2007 - VII ZR 236/05) und eine Kompetenz zum Ansichziehen von Mängelrechten nur für solche bejaht, die anders als diese beiden Rückabwicklungsrechte auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichtet sind wie etwa Nacherfüllungsansprüche.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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