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Eigentümergemeinschaft haftet nicht bei Untätigkeit des Verwalters/ Handwerkerverträge mit der Gemeinschaft haben Schutzwirkung zugunsten der Wohnungseigentümer; §§ 20, 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG; 278 BGB
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 125/17, 08.06.2018
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Die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer trifft den Verwalter und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft; daher begründen Pflichtverletzungen des Verwalters, die sich auf die Durchführung von Beschlüssen beziehen, keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft (insoweit Aufgabe von Senat, Urteil vom 13. Juli 2012 - V ZR 94/11 , NJW 2012, 2955 Rn. 17 ff.; Urteil vom 25. September 2015 - V ZR 246/14 , BGHZ 207, 40 Rn. 15 ).

Ein Wohnungseigentümer kann von dem Verwalter verlangen, dass er seine gesetzliche Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG erfüllt; dieser Anspruch kann ggf. im Klageweg durchgesetzt werden.

Die Durchführung gefasster Beschlüsse kann die Wohnungseigentümergemeinschaft nur erreichen, indem sie den Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG auf Erfüllung seiner Pflichten in Anspruch nimmt. Dazu bedarf es einer entsprechenden Willensbildung, die wiederum den Wohnungseigentümern obliegt. Lehnen diese ihrerseits ein Vorgehen gegen den Verwalter ab, obwohl es zwingend geboten ist, kann die Haftung allenfalls die Wohnungseigentümer selbst treffen, nicht jedoch den Verband.

Zwar können einzelne Wohnungseigentümer die vertraglichen Ansprüche der Gemeinschaft gegen den Verwalter nicht geltend machen, ohne zuvor einen Beschluss der Eigentümerversammlung herbeizuführen. Auch ist zweifelhaft, ob alle in § 27 Abs. 1 WEG geregelten, auf der Amtsstellung beruhenden gesetzlichen Pflichten des Verwalters Individualrechte der einzelnen Wohnungseigentümer begründen. Aber jedenfalls auf die Durchführung von Beschlüssen gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG haben die einzelnen Wohnungseigentümer jeweils einen individuellen Anspruch.

Wer die Sanierung ausführt, und welches Verfahren gewählt werden soll, entscheidet in aller Regel nicht der Verwalter, sondern die Eigentümerversammlung. Ggf. müssen die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die gefassten Beschlüsse ergriffen werden. Werden dagegen bei der Durchführung von Sanierungsarbeiten Schäden an dem Sondereigentum verursacht, ist der Verwalter zunächst verpflichtet, geäußerten Bedenken nachzugehen, ggf. Fachleute hinzuzuziehen und vor allem für die Behebung der Schadensursache im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums zu sorgen.

Handwerker, Bauleiter oder Architekten, die der Verwalter zur Durchführung einer beschlossenen Sanierung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt, sind im Verhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern nicht Erfüllungsgehilfen des Verbands im Sinne von § 278 Abs. 1 BGB; für Schäden, die solche Auftragnehmer schuldhaft am Sondereigentum verursachen, haftet regelmäßig nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern der Schädiger aufgrund der Verletzung von Pflichten aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (Abgrenzung zu dem Senatsbeschluss vom 22. April 1999 - V ZB 28/98, BGHZ 141, 224 ff. ).

Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann nur Schuldner eines Aufopferungsanspruchs sein. Schäden, die in Folge des die Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung auslösenden Mangels des Gemeinschaftseigentums eingetreten sind, werden nicht erfasst.
Da hatte man gerade gedacht, der BGH hat nunmehr eine Lösung für Sachverhalte der unterbliebenen Instandhaltung gefunden, und schon überrascht der BGH mit einer neuen Entscheidung, die seine bisherigen Grundsätze in Frage stellt und dem von unterlassener Instandhaltung betroffenen Wohnungseigentümer eine Vielzahl von Rechtsschutzmöglichkeiten anbietet, die allesamt aber nicht zu dem erwarteten Ziel führen, nämlich eine schnelle Behebung das Sondereigentum beeinträchtigender Schäden.

Dieser Ansatz des BGH beeinhaltet eine Vielzahl juristischer Spitzfindigkeiten, hat aber mit einem praktischen Lösungsansatz nichts mehr zu tun.

Anstatt dem Wohnungseigentümer eine schnelle Lösung zur Durchsetzung von erforderlichen Instadsetzungsmaßnahmen an die Hand zu geben, wird der Wohnungseigentümer auf einen langjährigen Verfahrensweg gegen verschiedene Prozessgegner geschickt.

Bleibt nur zu hoffen, dass der BGH seine Rechtsauffassung bis zur letztinstanzlichen Entscheidung nicht wieder selber verworden hat.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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