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Müssen Wohnungseigentümer nächtliche Schreie eines psychisch erkrankten Miteigentümers dulden? §§ 10 Abs. 6 WEG; 906, 1004 BGB
AG Pinneberg, AZ: 60 C 3/17, 18.09.2018
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Stößt ein Wohnungseigentümer krankheitsbedingt unwillkürlich Schreie aus, ist von einer erhöhten Toleranzpflicht der übrigen Wohnungseigentümer auszugehen. Diese kann jedoch nicht unbegrenzt bestehen. Die Grenze der Duldungspflicht ist jedoch erst dann erreicht, wenn dem Nachbarn die Belästigung "billigerweise nicht mehr zuzumuten ist" (BGHZ 120, 239, 255).

Der erkrankte Wohnungseigentümer kann nicht zu einer medikamentösen Behandlung verpflichtet werden, wenn dies seinem Wunsch oder auch ärztlichen Rat nicht entsprechen sollte.

Es ist grundsätzlich dem Störer überlassen, wie er die Gefahr einer künftigen Beeinträchtigung ausräumen will. Somit liegt es auch allein in seinem Ermessen, wie er sich mit seiner Erkrankung auseinandersetzt, die nach dem von ihm eingereichten ärztlichen Befundbericht ursächlich im Rahmen psychischer Konflikte zu sehen ist und im Zusammenhang mit Stress steht.

Sollte der erkrankte Wohnungseigentümer sich für eine Akzeptanz der Symptomatik in der gegenwärtigen Ausprägung entscheiden, ohne dass er für eine effektive Verbesserung etwa durch therapeutische Maßnahmen der Stressreduktion mit oder ohne medikamentöse Unterstützung sorgt, kommt auch eine Beendigung der Selbstnutzung der Wohnung durch den Beklagten, also sein Umzug in Betracht.

Denn insbesondere der durch sein Schreien hervorgerufene Schlafentzug für andere Hausbewohner stellt ebenfalls eine Gefahr für deren Gesundheit dar, wobei durchaus ein erheblicher Leidensdruck für die Betroffenen besteht.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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