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Erbringung von verdeckten Sacheinlagen i.R.e. GmbH-Kapitalerhöhung im Zusammenhang mit einem Cash-Pool ("Cash-Pool I")
BGH Karlsruhe, AZ: II ZR 76/04, 16.01.2006
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Ein Insolvenzverwalter nimmt die Gesellschafter einer mittlerweile insolventen GmbH wegen angeblich rückständiger Einlagen (aus einer Erhöhung des Stammkapitals) in Anspruch.

Die mittlerweile insolvente GmbH war Teil eines automatischen Cash-Managementsystem (sog. Cash-Pool). Dabei gibt es ein Zentralkonto. Über dieses Konto werden sämtliche Nebenkonten anderer Gesellschaften, die alle zum gleichen Konzern gehören, auf Null gestellt.

Die Gesellschafter überwiesen i.R.d. Kapitalerhöhung auf ein Sonderkonto der mittlerweile insolventen GmbH (,welches auch in den Cash-Pool einbezogen ist), 1.5 Mio. €. Diese Einzahlung wurde dann i.R.d. Cash-Pool-Systems mit Ablauf desselben Tages wieder abgebucht und dem Zentralkonto gutgestellt.

Der BGH wies die Revision der beklagten Gesellschafter gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts zurück. Das Berufungsgericht hatte zuvor entschieden, dass die Einlageverbindlichkeit der Gesellschafter aus der Kapitalerhöhung besteht. Da die getätigte Zahlung bereits am gleichen Tag zurückgeflossen ist, liegt keine Erbringung der festgesetzten Bareinlage vor. Vielmehr ist der mittlerweile insolventen GmbH auf Grund des verrechnungsähnlichen Hin- und Herzahlens lediglich eine Befreiung von einer Verbindlichkeit zugeflossen. Dieser Vorgang erfüllt den Umgehungstatbestand der verdeckten Sacheinlage. Die Verwendung eines Cash-Pools vermag an dieser Bewertung nichts zu ändern.

Der BGH bekräftigt die Vorinstanz, indem er ausführt:

Als verdeckte Sacheinlage wird es angesehen, wenn die gesetzlichen Regeln für Sacheinlagen dadurch unterlaufen werden, dass zwar eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert erhalten soll.

Eine Tilgung einer Darlehensschuld ist , wenn anstelle dieser bei einer Kapitalerhöhung eine Bareinlage vorgesehen war, eine verdeckte Sacheinlage. Dies wird konkret immer dann deutlich, wenn bereits ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen einer Geldüberweisung und einer Rückzahlung des abgebuchten Geldes vorliegt.

Der Tatbestand einer Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln setzt die personelle Identität zwischen Inferent und Auszahlungsempfänger nicht unbedingt voraus. Es genügt vielmehr, dass der oder die Inferenten durch die Leistung des Dritten bzw. an den Dritten mittelbar in gleicher Weise begünstigt werden, wie durch eine unmittelbare Leistung; u.a. bei der Leistung an ein von dem oder den Inferenten beherrschtes Unternehmen ist dies nach der Rechtsprechung des Senats der Fall.

Die Grundsätze über die verdeckte Sacheinlage finden im Recht der GmbH und der AG Anwendung.

Es kann - wie beim verbotenen, nicht zur endgültig freien Verfügung der Geschäftsführung führenden Hin- und Herzahlen auch im Falle der verdeckten Sacheinlage die weiterhin geschuldete Bareinlage grundsätzlich durch nochmalige Zahlung zur freien Verfügung der Geschäftsführung bewirkt werden. Eine derartige Leistung muss sich dann aber zweifelsfrei der noch offenen Einlage zuordnen lassen, sei es im Wege einer ausdrücklichen oder konkludenten, gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnden Tilgungsbestimmung.

Eine im Anschluss an die im Wege des (einfachen) Hin- und Herzahlens oder der verdeckten Sacheinlage unzulässig umgangene Kapitalaufbringung seitens der Gesellschaft im Einvernehmen mit dem Inferenten durchgeführte Verrechnung des dann bestehen gebliebenen (Bar-)Einlageanspruchs mit etwaigen Neuforderungen des Gesellschafters ist nur dann zulässig, wenn diese fällig, liquide und vollwertig sind und die spätere Verrechnung nicht bereits im Zeitpunkt der Begründung der (ursprünglichen) Einlageschuld abgesprochen war bzw. eine solche Absprache nicht vermutet wird.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von iurado.de
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