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Berufung eines notwendigen Streitgenossen trotz erstinstanzlichem Obsiegen, §§ 62, 66, 511, 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO, 46 WEG
LG Düsseldorf, AZ: 19 S 51/12, 28.02.2013
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Die Beschwer für eine Berufung richtet sich danach, wie weit der rechtskraftfähige Inhalt des angefochtenen Urteils hinter dem erstinstanzlichen Rechtsschutzbegehren der Partei zurückbleibt (formelle Beschwer, vgl. MünchKomm ZPO, 4. Aufl. 2012, § 511 Rn. 47). Welchen Rechtsschutz der Richterspruch gewährt, ergibt sich in der Regel aus dem rechtskraftfähigen Inhalt des Urteils, in erster Linie aus dem Tenor der Entscheidung.

Gewährt der Tenor isoliert betrachtet den begehrten Rechtsschutz nicht, weil er dem von den Berufungsklägern erstinstanzlich gestellten Antrag entspricht, liegt dennoch eine Beschwer vor, wenn der Berufungskläger Rechtsschutz vor dem Amtsgericht als Kläger erbeten hatte, im erstinstanzlichen Rubrum aber als Beklagter aufgeführt ist.

Denn erwächst das Urteil in Rechtskraft, erscheint der Berufungskläger als unterlegene Partei und droht zudem, in einem etwa ergebenen Schlussurteil, als unterlegener Beklagter mit Kosten belastet zu werden.

Der Berufungskläger hätte auch nicht vorrangig eine Berichtigung des Rubrums beantragen müssen. Denn aus dem Tenor der Entscheidung wird deutlich, dass dem Amtsgericht nicht ein bloßer Schreibfehler unterlaufen ist, es vielmehr bewusst die Berufungskläger auf Seiten der Beklagten aufgeführt hat, wobei die Kostenentscheidung nicht zum Rubrum passt.

Erheben mehrere Eigentümer eine Anfechtungsklage gegen den selben Beschluss, sind diese Eigentümer notwendige Streitgenossen. Denn das streitige Rechtsverhältnis - die Gültigkeit des angefochtenen Beschlusses - kann im Verhältnis der Kläger untereinander nach § 62 Abs. 1 ZPO nur einheitlich festgestellt werden (vgl. Jennißen, 3. Aufl. 2012, § 47 Rn. 14 WEG).

Es liegt ein gem. § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensfehler vor, der zur Zurückverweisung des Verfahrens führt, da das Amtsgericht entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO ein Teilurteil erlassen hat.
Es gibt Einscheidungen, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Die auf dem ersten Blick unverständliche Entscheidung des LG Düsseldorf ist eine folgerichtige Konsequenz einer völlig verunglückten Prozessgestaltung des Amtsgerichts.

Dass im Rahmen einer von verschiedenen Eigentümern erhobenen Anfechtungsklage gegen einen oder mehrere Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft eine notwendige Streitgenossenschaft entsteht, die zu einer - notfalls auch instanzübergreifenden - Verbindung der einzelnen Anfechtungsverfahren führt, ist seit BGH, Urt. v. 26.10.12, Az.: V ZR 7/12 nunmehr auch höchstrichterlich geklärt.

Dass für den Fall, dass anfechtende Wohnungseigentümer zum Teil gleiche, zum Teil unterschiedliche Beschlüsse anfechten, die Verfahren zunächst zu verbinden sind und anschließend bzgl. der nicht übereinstimmend angefochtenen Beschlüsse wieder zu trennen sind, hat der BGH in seinen Entscheidungen zwar noch nicht ausdrücklich festgestellt. Dies ergbit sich jedoch aus § 145 Abs. 1 ZPO, worauf das Landgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung zutreffend hinweist.

In keinem Fall aber kann ein Amtsgericht bei mehreren notwendigen (klagenden) Streitgenossen die Verfahren zunächst verbinden, um dann einen notwendigen Streitgenossen als Beklagten zu behandeln und die übereinstimmenden Anfechtungspunkte auch noch in einem mit einer Kostenentscheidung (!) versehenen Teilurteil ausurteilen.

Das Landgericht Düsseldorf hat die Entscheidung des Amtsgerichts zurecht zurückverwiesen und bzgl. der Kosten von § 21 Abs. 2 Satz 1 GKG Gebrauch gemacht.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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