Kostenlose Urteile und Gerichtsentscheidungen

Detailansicht Urteil

Auch die erstmalige Begründung eines Kostenverteilerschlüssels bedarf eines eindeutigen Beschlusses / Kein Sanierungsbeschluss, wenn Angebote erst noch eingeholt werden müssen
AG Gelsenkirchen, AZ: 210 C 406/20, 24.06.2021
Entscheidung
im Volltext
herunterladen
1. Ist in der Teilungserklärung gereglt, dass die Eigentümergemeinschaft in der ersten Eigentümerversammlung einen Kostenverteilerschlüssel beschließt, genügt ein
,,Aufmerksammachen" auf Kostenverteilerschlüssel nicht um einen Verteilerschlüssel abzuändern. Allein eine Genehmigung der ersten Jahresabrechnung genügt nicht.

Auch wenn in der Folgezeit die Verteilerschlüssel im Wege der gelebten Praxis verwendet wurden und den folgenden Wirtschaffsplänen und Jahresabrechnungen zugrunde gelegt wurden. Vor dem Hintergrund ist es zwar durchaus möglich, dass nach den Grundsätzen des § 133 BGB konkludent zustande gekommene stillschweigende Vereinbarungen über eine Kostenverteilung zustande kommen. Hieran sind jedoch strenge Voraussetzungen zu stellen. Sie ist von einer bloßen Hinnahme einer vereinbarungswidrigen Praxis zu unterscheiden und kommt nur in wenigen Ausnahmefällen in Betracht, wenn besonders festgestellte Umstände darauf hinweisen, dass den Wohnungseigentümern bewusst war, durch ihr Verhalten eine dauerhaffe Regelung schaffen zu wollen. Diese Annahme setzt in der Regel voraus, dass vor der stillschweigenden Willenskundgebung die Eigentümergemeinschaft in Kenntnis der Gemeinschaftsordnung über den Gegenstand der Vereinbarung beraten hat.

2. Vor der Beschlussfassung über Sanierungsmaßnahmen ist stets eine Bestandsaufnahme über Umfang der Schäden und der möglichen Verursachung erforderlich.

Des Weiteren ist der Verwalter im Rahmen seiner Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG a.F. verpflichtet, zunächst vor Durchführung entsprechender notwendiger Instandhaltungsmaßnahmen Vergleichsangebote einzuholen.

Ein Wohnungseigentümer kann allerdings nicht verpflichtet werden, der Vergabe von Sanierungsarbeiten auf der Grundlage von Vergleichsangeboten zuzustimmen, die erst noch eingeholt werden müssen (vgl. BayObLG, WEG 2008, 813 = NZM 2000, 512).

Darüber hinaus fehlt es auch an einer konkreten Bezeichnung im Beschluss, welche einzelnen Maßnahmen im Rahmen der Sanierung ergriffen werden sollen. Auch dies wäre im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung erforderlich gewesen, damit die einzelnen Eigentümer Art und Umfang bzw. voraussichtliche Kosten der Maßnahme abschätzen können, zumal, neben dem Kosteninteresse, auch ein Interesse der Eigentümer daran besteht, zu wissen, welche Art von Arbeiten ausgeführt werden, da auch diese zu tatsächlichen Beeinträchtigungen der einzelnen Eigentümer führen können.
Entscheidung im Volltext herunterladen
Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt frank Dohrmann Bottrop Anfechtungsklage Wohnungseigentümerversammlung