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Hoch betagter Wohnungseigentümer darf sich trotz Vertreterbeschränkung in der Teilungserklärung auf der Eigentümerversammlung von einem Rechtsanwalt vertreten lassen
AG Bottrop, AZ: 20 C 30/21, 08.06.2022
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Grundsätzlich ist die rechtsgeschäftliche Vertretung eines Wohnungseigentümers in einer Versammlung zulässig.

Die Beschränkung der Vertretungsbefugnis kann in der Teilungserklärung durch Vereinbarung zulässigerweise auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt werden (hier: Verwalter, Ehegatte oder Miteigentümer).

In Ausnahmefällen ist es aber den Wohnungseigentümern nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die vereinbarte Vertretungsklausel zu berufen, nämlich dann, wenn die Vertretungsbeschränkung für den oder die betroffenen Eigentümer aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall nicht tragbar ist.

Ein hochbetagter und schwer kranker Wohnunsgeigentümer kann sich auch von einem Rechtsanwalt in einer Eigentümerversammlung vertreten lassen.

Denn in einer willensbildenden Wohnungseigentümerversammlung hat jeder Eigentümer einen Anspruch darauf, auch argumentativ vertreten zu sein, insbesondere, wenn aus verschiedenen Vorverfahren gleichen bzw. umgekehrten Rubrums gerichtsbekannt ist, dass die Rechtsauffassungen der Kläger von denen der anderen Eigentümer abweichen und die Beeinflussung der Meinungsbildung durch einen - andersdenkenden - Eigentümer oder Verwalter wenig Erfolg versprochen hätte.

Auf eine hypothetische Kausalität des Verfahrensmangels im Hinblick auf die Beschlussergebnisse kommt es nicht an. Das folgt aus der Schwere des Eingriffs in die unantastbaren Mitgliedschaffsrechte der ausgeschlossenen Kläger, gegen den auf andere Weise nachträglicher Rechtsschutz in der Regel nicht zu halten ist.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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