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Kein „Zeitmietvertrag“ ohne Mitteilung des Befristungsgrundes / Verhinderung eines Zwangsvollstreckung
BGH Karlsruhe, AZ: VIII ZR 290/18, 26.09.2018
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Nicht unersetzlich sind Nachteile, die der Schuldner selbst vermeiden kann. Deswegen kann er sich nur dann darauf berufen, die Zwangsvollstreckung bringe ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil, wenn er in der Berufungsinstanz einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hat. Hat der Schuldner dies versäumt, kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn es dem Schuldner im Berufungsverfahren aus besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar war, einen Vollstreckungsschutzantrag zu stellen.

Ein Mietverhältnis mit der vereinbarten Dauer von 50 Jahren ist gleichwohl als ein Mietverhältnis anzusehen, dessen Dauer unbestimmt ist, wenn ein für den wirksamen Abschluss eines zeitlich befristeten Mietverhältnisses (Zeitmietvertrag) erforderlicher Befristungsgrund nach § 575 Abs. 1 S. 1 BGB nicht vorliegt. 

Aus dem Vortrag des Inhabers von Wohnräumen, wonach er ein Recht zum Besitz aus einer mit seiner Mutter abgeschlossenen Mietvereinbarung über 50 Jahre gegen Vorabzahlung der gesamten Miete in bar ableitet, ergibt sich kein „Zeitmietvertrag“ iSv § 575 BGB; denn dem Mieter muss der Grund der Befristung bereits bei Vertragsabschluss schriftlich mitgeteilt werden. Eine handschriftliche Quittung über den Erhalt der „Mietvorabzahlung“ genügt nicht dem Schriftformerfordernis in § 550 BGB.

Offen bleibt, ob die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung über den Wortlaut von § 544 V 2 ZPO und § 719 II ZPO hinaus zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes bereits während der Dauer des Verfahrens auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine von einem beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde zulässig sein kann.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von iurado
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