Kostenlose Urteile und Gerichtsentscheidungen

Detailansicht Urteil

Es ist nicht die Aufgabe der Gerichte, Recht zu sprechen, wenn dies mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden ist !!!!! (nicht rechtskräftig)
AG Mülheim a. d. Ruhr, AZ: 35 C 47/13, 27.02.2014
Entscheidung
im Volltext
herunterladen
Zwei Wohnungseigentümer, die seit 2004 jede Jahresabrechnung und zahlreiche Wirtschaftspläne erfolgreich angefochten hatten, unterlagen im 10. Jahr erstinstanzlich vor dem Amtsgericht Mülheim an der Ruhr.

Besonders kurios ist die Begründung:

Dem Amtgericht wurde es offensichtlich zu langweilig, den klagenden Eigentümern immer Recht zu geben. Da es der Begründetheit der Anfechtungsklage rechtlich nichts entgegenzusetzen gab, versuchte das Amtsgericht erst gar nicht, sich mit Paragraphen und Rechtsprechung auseinanderzusetzen, sondern griff zu einer List:

Unter Hinweis darauf, dass auch ein Gericht seine Rechtsauffassung ändern dürfe, was das AG Mülheim a. d. Ruhr mit vermehrten Erkenntnissen, die gelegentlich auf Abwege geraten, begründete, wies das Amtsgericht die Klage ab.

Weder die Anfechtung des Wirtschaftsplanes wegen eines fehlerhaften Kostenverteilerschlüssels, noch die Anfechtung der Wiederwahl der Verwaltung, die in den Vorjahren unstreitig mindestens 4.128,43 EUR veruntreut hatte, hatten vor dem Amtsgericht Erfolg.

Auf die fehlerhafte Protokollierung aufgrund einer entsprechenden Wirksamkeitsvoraussetzung in der Teilungserklärung war das Amtsgericht in seiner Entscheidung erst gar nicht mehr eingegangen.

Denn, so das Amtsgericht, können die Kläger nicht erwarten, dass ihre gewonnenen Anfechtungsverfahren bzgl. der angefochtenen Jahresabrechnungen auch noch in der korrigierten Abrechnung Berücksichtigung finden.

Schließlich sei es nicht die Aufgabe der Gerichte, umfangreichen Sachvortrag der Kläger auch noch zu prüfen und Klageanträge abzuarbeiten. Denn diese Arbeit könne ein Gericht nicht leisten, weshalb die Klage allein deshalb schon mal abzuweisen war.

Auch die Tatsache, dass die Verwaltung nach ihrer Veruntreuung von Gemeinschaftsgeldern sich wiederwählen lässt, sei lediglich ein nicht zu beanstandenes Zeichen von verantwortlichem Handeln, um selbst die Defizite der Vergangenheit aufarbeiten zu können.
Es ist nicht zu erwarten, dass das LG Düssseldorf in der Berufung diese Entscheidung mittragen wird. Das Landgericht (19 S 21/13) hatte bereits eine vorhergehende Wiederwahl für unwirksam erklärt.

Auch die Missachtung des Verteilerschlüssels macht einen Beschluss anfechtbar (BGH V ZB 83/07 und BGH V ZR 202/09; LG Dortmund 1 S 247/11).

Ist in der Teilungserklärung eine Form des zu erstellenden Protokolls vorgegeben, führt allein ein Verstoß hiergegen zur Anfechtung aller Beschlüsse (BGH V ZB 2/97).

Das Amtsgericht hat in seinen Gründen schon selber orakelt, mit seinen Erkentnissen auf Abwege geraten zu sein. Zumindest insoweit ist der Entscheidung vollumfänglich beizupflichten.
Entscheidung im Volltext herunterladen
Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Anfechtungsklage Wohnungseigentümergemeinschaft ungeeigneter Verwalter Abwahl Wiederwahl neuwahl Rechtsanwalt Frank DOhrmann Bottrop kurioses