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Konkludente Beschaffenheitsvereinbarung über von einer benachbarten Gaststätte ausgehenden Lärm
LG Berlin I, AZ: 65 S 238/15, 18.12.2015
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Ist nicht ersichtlich, dass der Mieter bei Mietvertragsabschluss mit Beeinträchtigungen von spürbarer Intensität in den Zeiten der Nachtruhe durch einen Restaurantbetrieb im Nachbarhaus rechnen musste und dass diese ggf. noch von einer zwischen den Parteien - zumindest konkludent - getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung gedeckt sind, liegt ein Mietmangel vor, der zu einem Mietminderungsanspruch in Höhe von 10% führt.

Für die Beurteilung der Frage des zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustandes der Mietsache kommt es auf die gesamten Umstände des Mietverhältnisses und die daraus abzuleitenden Standards, insbesondere die beabsichtigte Nutzung sowie die Verkehrsanschauung unter Beachtung des sich aus § 242 BGB ergebenden Grundsatzes von Treu und Glauben an.

Ist die Nutzung der Mietsache als Wohnung beabsichtigt, darf nach der Verkehrsanschauung eine Nutzung als privates Rückzugsgebiet zur Regeneration durch nächtlichen Schlaf während üblicher, durch öffentlich-rechtliche Vorschriften abgesicherte Ruhezeiten vertraglich vorausgesetzt werden. Somit darf der Mieter erwarteten, dass geltende öffentlich-rechtliche Regelungen eingehalten bzw. durchgesetzt werden; dies insbesondere dann, wenn der Vermieter der Wohnung auch Vermieter der gewerblich genutzten Einheit ist, die für den Lärm verantwortlich ist.

Die auch für eine konkludente Vereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung bezüglich einer konkreten "Umweltbeschaffenheit" ist nicht schon gegeben, wenn der Mieter bei Vertragsschluss einen von außen auf die Mietsache einwirkenden Umstand in einer für ihn vorteilhaften Weise wahrnimmt (etwa: "ruhige Lage") und er sich (möglicherweise auch) wegen dieses Umstands dafür entscheidet, die Wohnung anzumieten. Zur konkludent geschlossenen Beschaffenheitsvereinbarung wird dieser Umstand vielmehr nur, wenn der Vermieter aus dem Verhalten des Mieters nach dem objektiv zu bestimmenden Empfängerhorizont erkennen musste, dass der Mieter die Fortdauer dieses bei Vertragsschluss bestehenden Umstandes über die unbestimmte Dauer des Mietverhältnisses hinweg als maßgebliches Kriterium für den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung ansieht, und der Vermieter dem zustimmt.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von iurado
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