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Urteile zu Kategorie: Befangenheit eines Richters

Weigert sich ein Richter eine prozeßunfähige Partei als Zeuge zu vernehmen, stellt dies keinen Grund dar, den Richter für befangen zu erklären, wenn diese fehlerhafte Entscheidung nicht willkürlich ist.
LG Essen, AZ: 10 T 108/07, 25.07.2007
Eine nicht in der Gerichtsakte dokumentierte telefonische Mitteilung eines klägerseits benannten Zeugen, im Vorfeld die Unwahrheit gesagt zu haben, führt zur Befangenheit des Richters, wenn der Zeuge daraufhin abgeladen wird und die beweisbelastete beklagte Partei hierüber nicht informiert wird.
LG Essen, AZ: 10 T 102/07, 25.07.2007
Ein Sachverständiger setzt sich der Besorgnis der Befangenheit aus, wenn er einer der Parteien nicht offenbart, dass er bestimmte Unterlagen für die Erfüllung seines Gutachterauftrags herangezogen und verwertet hat.

Das Telefonat zwischen einer Partei und einem Mitarbeiter des Sachverständigen über die vom Sachverständigen noch benötigten Unterlagen begründet bei einer vernünftigen Partei jedenfalls unter den konkreten Umständen nicht die Besorgnis einer Befangenheit.

Ist aus dem Ergänzungsgutachten nicht ersichtlich, welche Pläne dies waren und welche Schlüsse der Sachverständige daraus gezogen hat, konnte aufgrund dieses Wissensvorsprungs nur eine Partei das Ergebnis der Begutachtung überprüfen.
OLG Stuttgart, AZ: 10 W 43/13, 14.01.2014
Die Verweigerung einer beantragten Terminverlegung nur ausnahmsweise dann ein Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters begründen, wenn erhebliche Gründe für die Terminverlegung offensichtlich vorlagen.

Der Senat hat nicht darüber zu befinden, ob die Ermessensentscheidung zweckmäßig und nahe liegend war. Denn die Richterablehnung darf nicht dazu missbraucht werden, eine begehrte, aber nicht erreichte Terminverlegung auf diesem Weg doch noch kurzfristig zu erreichen (vgl. OLG Frankfurt a.M. NJW 2009, 1007, 1008; OLG Köln, Beschluss vom 05.08.2004,13 U 35/04; OLG Köln, Beschluss vom 18.12.2002, 2 W 146/02; Zöller/Vollkommer, § 44 Rn. 4).
OLG Hamm, AZ: 1 W 34/14, 27.05.2014
1. Über ein Ablehnungsgesuch gegen den nach § 348 oder § 348a ZPO zuständigen Einzelrichter hat nach § 45 Abs. 1 ZPO die Zivilkammer ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters zu entscheiden.

2. Die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nach § 227 ZPO nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders ist es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZB 194/05, 06.04.2006
Zwischen Streitgenossen, die gemeinsam auf der Kläger- oder der Beklagtenseite stehen, kommt es zu keiner internen Kostenerstattung, es sei denn aufgrund eines entsprechenden Vergleichs.

Bei der Richter- und Sachverständigenablehnung findet die Entstehung und Erstattung der Anwaltsgebühren des Prozessgegners der ablehnenden Partei ausschließlich nach allgemeinen Grundsätzen statt, also nach §§ 91 ff. ZPO mit der alleinigen Kostenerstattungspflicht bzgl. der dem obsiegenden Prozessgegner erwachsenen Kosten.
OLG Stuttgart, AZ: 8 W 54/15, 09.02.2015
Wenn das Gericht einer Partei keine Frist zur Stellungnahme der Berufungserwiderung setzt, drohen zwar nicht die Folgen der §§ 530, 296 ZPO, jedoch ist sie gemäß § 277 Abs. 1 ZPO zur Förderung des Prozesses verpflichtet, § 282 ZPO.

Das Parteivorbringen muss schriftsätzlich so rechtzeitig vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen werden, dass der Gegner die Möglichkeit besitzt, Erkundigungen einzuholen.
OLG Hamm, AZ: I 4 U 62/16, 11.04.2017
Eine Richterin, deren Ehemann Angestellter einer großen Aktiengesellschaft ist, ist regelmäßig nur in einem Prozess dieses Unternehmens befangen, in den ihr Ehemann involviert ist oder der die Existenz des Unternehmens betrifft.

Diese Voraussetzungen sind bei einer Richterin, die mit einer gegen die Volkswagen AG gerichteten Klage wegen eines Fahrzeugs mit dem Motor EA288 befasst ist, den der Kläger als vom sog. Diesel-Abgas-Skandals betroffen ansieht, nicht erfüllt, wenn ihr Ehemann bei der Beklagten ausschließlich im Vertrieb beschäftigt war.
OLG Braunschweig, AZ: 9 W 26/21, 25.08.2021